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GEMEINDE LANGENNEUFNACH

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Sagen

Der Münzau-Schimmel

Vor alten Zeiten lebte in Unterrothan ein tüchtiger, unerschrockener Krauthobler, der im nahen Willmatshofen oft zu arbeiten hatte. Einmal zog sich sein Geschäft tief in die Nacht hinein. Erst gegen Mitternacht, den schweren Hobel auf dem Rücken, machte er sich auf den Heimweg. Nichts Böses fürchtend, schritt der Krauthobler tapfer voran. Doch plötzlich verhielt er seinen Schritt, staunend erkannte er in der Dunkelheit die Umrisse eines stattlichen Pferdes. Weil aber der Mann aus Unterrothan ein furchtloses Herz besaß, schritt er auf den ruhig stehenden Gaul zu, streichelte die volle Mähne, klopfte ihm auf das fette Hinterteil und sprach: „So, Heiterle, hast du deinen Stall auch noch nicht gefunden? Wenn dir dein Herr fehlt, so nimm nur mich!" Als der Krauthobler die flache Hand auf den breiten Rücken des zaum- und sattellosen Gaules legte, warf dieser sich nieder. Als der Krauthobler bequem saß, stieß er mit den Stiefelabsätzen in die beiden Flanken und rief: „Hui! Schimmel, auf, bring mi guat hoim!" Der Schimmel sprang auf. Der Krauthobler packte einen Wisch Mähnenhaare und lenkte damit wie mit dem Zaumriemen. Mit der andern Hand hielt er sich am Widerrist. Der Schimmel stürmte los und in rasendem Saus ging es hart vorbei an Baumstämmen, über Wurzeln und Stöcke, durch Unterrothan, hinaus nach Langenneufnach und weiter auf Hölden zu, über Wiesen und Felder und wieder zurück. Dem Krauthobler wurde bang und bänger, er schwitzte, dass ihm das Wasser auf dem Leibe dampfte. Dann wurde es ihm wieder eiskalt, dass er schauerte. Er klammerte sich immer fester um den Hals des Tieres, die Schenkel wie Zangenbacken an die Brustwand gedrückt. Der Krauthobel aber schlug wild im Takt auf den Buckel des verzweifelten Mannes. Der tolle Ritt währte die ganze Nacht. Da erklang der erste weiche Ton der Ave-Glocke vom Turm zu Siegertshofen. Wie in Nichts zerronnen, verschwand der Schimmel zwischen den Beinen des gehetzten Reiters. Der Gepeinigte lag am Morgen mitten im tiefen Waldesfrieden unter dem Geäst einer Eiche. Doch konnte er kein Glied regen und sein Schädel brummte. Als die Sonne hoch am Himmel stand, begann er, müde und zerschlagen, heimwärts zu wandern.

 

Quelle: Heimatbuch des Landkreises Schwabmünchen

Der Bärenbach-Schimmel

Im engen Waldtal des Bärenbaches westlich von Langenneufnach geistert ebenfalls ein Schimmel. Er liebt die finsteren Nächte, in denen er mit einer schwarzen Reitergestalt auf dem Rücken den Bärenbach entlang hin und her galoppiert. Aus der Finsternis leuchten seine feurigen Augen und das menschliche Ohr vernimmt den Hufschlag des Pferdes nur, wenn es über dürre Äste oder die Holzbrücke geht.

 

Quelle: Heimatbuch des Landkreises Schwabmünchen

Das blutende Muttergottesbild in Habertsweiler

Wer das dem hl. Leonhard geweihte Kirchlein zu Habertsweiler besucht, findet auf dem Hochaltar ein Muttergottesbild des Ziemetshauser Malers Strobl. Anstelle dieses Bildes befand sich 1885 ein Gemälde, das die Muttergottes mit blutüberströmtem Antlitz zeigte. Von diesem alten Bilde, das im vorigen Jahrhundert verschwand, erzählt die Legende:

 

Es ist schon viele hundert Jahre her, als das alte Habertsweiler Bild noch in einer offenen, kleinen Feldkapelle bei Emersacker hing und von den zur Arbeit ziehenden Bauersfrauen gern verehrt und mit Blumen geschmückt wurde. Während der Hütezeit eines Herbstes wussten einige Hirtenbuben aus Langeweile und Bosheit nichts anderes zu tun, als das Bild zur Zielscheibe zu wählen. In ihrem Übermut warfen sie mit Steinen nach dem Haupt der Hohen Frau. Als der erste Stein die Stirne traf, spritzte Blut heraus und lief über Augen und Wangen. Zutiefst erschrocken, flohen die Schänder. Als am nächsten Tag eine Bäuerin des Weges kam und zu einem Ave vor der Kapelle. verweilen wollte, vermisste sie das Bild und berichtete im Dorf. Da beichteten die verängstigten Buben ihre böse Freveltat. In der vorhergegangenen Nacht aber hatten Engel das Bild nach Habertsweiler getragen und vor der Kapellentür niedergelegt. Die Dorfleute, nicht wenig erstaunt, stellten das Bild auf ihren Hochaltar und verehrten die Gottesmutter mit den Blutstropfen fortan in tiefer Frömmigkeit.

 

Quelle: Heimatbuch des Landkreises Schwabmünchen

Der niesende Geist

Eine Störnäherin von Langenneufnach musste, wenn sie von Wollmetshofen heimging, immer über die Bärenbachbrücke. Jedesmal hörte sie darunter dreimal kräftig niesen. Der Pfarrer gab ihr den Rat, das nächste mal ein weißes Fazinettle (Taschentuch) um die rechte Hand zu binden, die linke in der Rocktasche zu lassen und zu rufen: „Helf Gott!“. So tat sie. Da spürte sie einen heftigen Druck auf ihrer Rechten und ein warmer Atem strich an ihr vorbei. Zu Hause erkannte sie beim Licht, dass das Taschentuch verbrannt aussah. Von nun an hörte sie das Niesen nie mehr.

 

Quelle: Heimatbuch des Landkreises Schwabmünchen

Der unterirdische Schatz von Langenneufnach

Wer von Ziemetshausen über Seyfriedsberg hinüberwandert ins liebliche Tal der Neufnach, erreicht zuerst den Markt Langenneufnach, von dem nachweislich schon 1316 Rechte, Gefälle und Güter zur Herrschaft Seyfriedsberg gehörten. Freilich gibt es heute dort keinen verborgenen Schatz mehr, denn er ist schon vor Jahrhunderten gehoben worden und das ging so zu:

 

Einige Bürger, die den Ort des in der Erde schlummernden Schatzes kannten, rückten zur vereinbarten Stunde in mondheller Nacht mit Pickeln und Schaufeln aus. Am Schatzort unter drei großen Buchen angelangt, stellten sich die Männer in einen Kreis und sprachen gemeinsam nach einer alten Anweisung das Christophelesgebet. Dann gings hurtig an die Arbeit. Keiner der Schatzgräber scheute Mühe und Schweiß. Nach langer, harter Arbeit stießen sie auf etwas Hartes, es konnte nur die schwere, eiserne Kiste mit dem Schatze sein. Aufatmend und voll Glücksgefühl stellten die Männer das Graben ein, kletterten aus der Grube und fingen, wieder alter Kunde gemäß, das Christophelesgebet zu murmeln an, aber diesmal von rückwärts nach vorn. Ein Stück weit gelang es den Betern, doch dann hörte einer nach dem andern auf, keiner vermochte gänzlich das Gebet rückwärts zu sagen und — o Schreck! — sie blieben alle im Augenblick des Steckenbleibens an Ort und Stelle gebannt. Keiner vermochte sich zu rühren, noch ein Wort zu sprechen. Als niemand bis zum Morgendämmern nach Hause kam, gingen ein paar beherzte Weiber zu den drei Buchen im Wald und fanden ihre Männer reglos um die Grube stehen. Voll Schrecken und Verzweiflung rannten die geängstigten Frauen zum Pfarrherrn, bei dem gerade ein Kapuziner zu Besuch weilte. Dieser hatte letzten Sonntag so trefflich über die Verirrungen der Menschen und die Gnade Gottes gepredigt, er konnte sicher in dieser Not helfen. Der welterfahrene Kapuziner ließ sich auch nicht zweimal bitten und eilte zu den Bedrängten. Mit einem Segensspruch vermochte er den Bann zu lösen. Nun war es ein Leichtes, den Schatz zu heben. Die geretteten Schatzgräber jedoch wollten nichts mehr für sich aus dem großen Funde. Aus Dankbarkeit schenkten sie den ganzen Reichtum dem frommen Kapuziner für sein armes Kloster.

 

Quelle: Sagen aus dem Landkreis Krumbach und seiner Umgebung. Gesammelt und überarbeitet von Theodor Jörg 1956

Der Schlüssel im Rührfaß

Es mag schon ein paar Jahrhunderte her sein, als es in Langenneufnach einen zwar recht dürren, aber doch recht fleißigen Schneider gab, der gerne zu den Leuten auf die Stör ging. Bei ihm hieß es: „Morgenstund hat Gold im Mund!" So stand er einmal schon mit der aufgehenden Sonne im Hausgang eines Häusleins am Südende des Marktes, als eben die Frau aus dem Stall ihrer Geißen mit deren Morgenmilch trat. Die Alte war als mürrisch bekannt und so war der Schneider gar nicht überrascht, als er mit einem recht unchristlichen Gruße empfangen wurde. Er könne ja schon um Mitternacht kommen und die Leute aus dem Bette jagen, fuhr sie ihn dann an, sie hätte jetzt noch Wichtiges zu tun und noch nicht Zeit gefunden, die Störarbeit herzurichten.

 

Darauf schob sie den Schneider energisch in die kleine Stube und ließ ihn erst los, als er auf dem alten Lederkanapee lag. Da möge er liegen bleiben, bis sie fertig sei, fauchte sie ihn weiterhin an. Das Weib schüttete nun die Milch ins Rührfaß, das neben dem Ofen stand und begann zu drehen. Der Schneider tröstete sich damit, dass die Milch der paar Geißen bald zu Butter gerührt sein werde, denn langes Warten war nicht seine Sache. Er kam aber immer mehr ins Staunen, weil das Rühren kein Ende nehmen wollte. Als er zum Rührfaß hinüber blinzelte, reichte die Milch, die doch kaum zur Hälfte das Faß gefüllt hatte, schäumend bis zum Rande. Von der Butter aber sah er nichts. Als die Leerhäuslerin nun die Stube verließ, um wohl etwas zu holen, sprang der Schneider rasch auf und steckte seinen Ellenstab in die Milch bis auf den Grund. Da spürte er ein Ding, das er rasch mit seinem Stab herauf holte. „Ah, da schau her, ein Schlüssel! Ist er der wunderbare Milchvermehrer?" So murmelte der Erstaunte, steckte den Schlüssel in seine Joppentasche und rannte schnurstracks ins Pfarrhaus. Der Pfarrherr soll große Augen gemacht haben und auf seiner Stirne mag eine große Zornesfalte gestanden sein, als er des Schneiders Bericht gehört hatte. Der Schlüssel blieb im Pfarrhaus, der Schneider aber ward nie mehr von jenem Weibe zur Störarbeit geladen.

 

Quelle: Sagen aus dem Landkreis Krumbach und seiner Umgebung. Gesammelt und überarbeitet von Theodor Jörg 1956

Das Katzaschtoigmännle

Wenn ein nächtlicher Wanderer von Langenneufnach nach Siegertshofen bei Neumond in der Geisterstunde geht, wird er vom ruhelosen Katzaschtoigmännle irregeleitet. Dieses lauert im Hinterhalt auf den späten Wanderer und folgt ihm peitschenknallend. Wegen der feurigen Augen des Geistes und des fortwährenden Peitschenknallens verirrt sich der verängstigte Wanderer immer tiefer im Wald am Katzensteig. Um 1 Uhr nachts wird er durch den Schlag der Langenneufnacher Kirchenglocke vom Spuk befreit und er merkt, dass er sich noch an der gleichen Stelle befindet, an welcher der Geist ihn aufhielt. Der schweißtriefende Wanderer setzt nun den Heimweg unbehindert fort.

 

Quelle: Sagen aus dem Altlandkreises Schwabmünchen. Zusammengestellt von Susanne Zettler 1984

Das seltsame Ende des Holzbauern

Der Holzbauer befand sich an der Landkreisgrenze unmittelbar bei der Habertsweiler Flur. Von Haberstweiler nach Ziemetshausen kommt man über den Augraben. Diese Felder werden immer noch „Beim Holzbauer“ genannt.

 

Zwischen Roppeltshausen und Hellersberg lag in alten Zeiten der kleine Ort Busenwyler. Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges wird er noch erwähnt. Er wurde vermutlich in den Wirren des Krieges verlassen, oder die Bewohner sind der Pest zum Opfer gefallen. Etwas seitab von Busenwyler lag ein einzelnes Anwesen, der Holzbauernhof. Er war teils vom Wald, teils vom Gestrüpp fast völlig verdeckt. Ob man vom Zusamtal her bergwärts stieg, oder von der Höhe herab gegen das Tal, man sah von dem einsamen Hof höchstens mal ein kleines Stück des Strohdaches. Verschlossen und weltabgewandt wie sein Hof war auch der Holzbauer. Er pflegte keinen Umgang mit der Nachbarschaft und ließ sich nie in der Dorfwirtschaft zu Muttershofen blicken. Dass er gar einmal in der Kirche in Ziemetshausen gesehen worden wäre, konnte sich kaum ein Mensch entsinnen. Er war aus einer fremden Gegend mit seinem Weib zugezogen und hatte den Hof am Holz von der Herrschaft Seyfriedsberg als Lehen erhalten. Kinder hatten die beiden nicht und das war gut, denn der Holzbauer war so geizig, dass er sogar der Frau das Essen missgönnte und auch keine Hilfskraft auf dem Hofe hielt. Verirrte sich mal ein Bettler zu der abgelegenen Behausung, mochte er von Glück sagen, wenn er statt des erbetenen Almosens nicht Schläge bekam von dem finsteren Mann oder gar von den Hunden gehetzt wurde. Die Frau aber war guten Herzens und litt sehr unter dem harten Wesen ihres Mannes. Gerne hätte sie mit den umliegenden Gehöften freundliche Nachbarschaft gehalten, doch es blieb ihr keine Zeit dazu. Nur eines ließ sie sich nicht nehmen, das war der sonntägliche Kirchgang nach Ziemetshausen.

 

Es kam das Jahr 1634. Die Furie des Krieges fand ihren Weg auch in die entlegene Staudengegend. Alle Orte entlang der Zusam waren von streifenden Horden wiederholt geplündert worden. Wohl hatten die Bauern zum Teil ihr Vieh in die Wälder gerettet, aber kein Körnlein Frucht war ihnen geblieben, denn wo das Getreide noch nicht gedroschen war, zündeten die Raubhorden in ihrer Wut die Scheunen an. Die Felder konnten nicht bebaut werden und lagen ein Jahr lang öde. Dann aber hatte sich der Krieg in ein anderes Gebiet verzogen, die überlebenden Bauern kamen aus ihren Verstecken hervor und wollten die Scholle wieder bestellen. Doch sie hatten kein Saatgetreide. Beim Holzbauern aber lag der Kornboden voll, weil der Hof den Blicken der Kriegsleute verborgen geblieben war und weil in dieser Zeit auch weder Gilt noch Zehent abgeliefert werden musste. Die Nachbarn kamen zu ihm und baten, er möge ihnen mit einem Sack Korn für die Saat aushelfen. Sie wollten es ihm nach der Ernte doppelt zurückgeben. Der Holzbauer wies sie alle ab und sagte, es sei ihm selbst nicht mehr geblieben, als was er zur Aussaat auf die eigenen Äcker brauche. Er spürte freilich, dass man ihm nicht glaubte und so befürchtete er, dass sie schließlich kämen und ihm das Korn mit Gewalt wegnehmen würden. Er aber wollte es behalten bis er auch die neue Ernte zum doppelten Preis abgeben könnte, was um so eher möglich wäre, je weniger Korn in der Gegend angebaut würde. Darum trug er nächtlicherweile den größten Teil des Korns in ein Versteck im Wald und lud dann die Bauern ein, sich selbst zu überzeugen, dass sein Kornboden leer sei wie der ihrige. Als dies geschehen war und man in der Gegend glaubte, dass auch er ausgeplündert worden sei, trug er das Korn wieder auf den Speicher zurück, weil es im feuchten Waldversteck Schaden gelitten hätte. Vergeblich bat ihn seine Frau, er sollte doch nicht so hartherzig und frevelhaft sein. Er drohte ihr, sie zu erschlagen, wenn sie sein Geheimnis verraten würde. Da ging sie tiefbetrübt zur Kirche nach Ziemetshausen, denn es war ein Sonntag. Als sie um die Mittagszeit zurückkam, war der Holzbauernhof verschwunden. Dort, wo er gestanden hatte, lagen weit zerstreut Balken, Bretter und andere Trümmerteile umher. Es war, als hätte eine Riesenfaust in das Anwesen geschlagen. Mitten zwischen den Trümmern aber lag der unbeschädigte Fruchtboden und darauf war der ganze Getreidevorrat so säuberlich erhalten, dass kein Körnlein verloren war. Die Bäuerin rief die Nachbarn, doch wie sie auch in den Trümmern suchten, vom Holzbauern fand sich keine Spur. Das Getreide durften sie unter sich aufteilen. Die Bäuerin fand Unterkommen im Ziemetshauser Spital. Der Holzbauernhof wurde nicht mehr aufgebaut. Gras und Wald wuchsen über die Stelle. Genau dreihundert Jahre später, im Jahre 1934 stieß man bei der Anlage eines Waldweges auf ein Ziegelpflaster genau an der Stelle, wo nach alten Beschreibungen der Holzbauernhof von Busenwyler gestanden hatte.

 

Quelle: Sagen aus dem Landkreis Krumbach und seiner Umgebung. Gesammelt und überarbeitet von Theodor Jörg 1956